Wenn man eine pDIS hat, werden alltägliche Notwendigkeiten mitunter zum haarsträubenden Abenteuer und erfordern viel Geduld und Verständnis füreinander.
Für mich ist einkaufen gehen so ein Abenteuer, das regelmäßig in kleinen und mittleren Katastrophen endet und selten zum gewünschten Erfolg (z.B. sinnvolle Nahrung im Kühlschrank) führt.
Meistens freue ich mich anfangs aufs Einkaufen, da ich dann mal raus komme und etwas anderes sehe als meine eigenen vier Wände.
Ich nehme mir vor, was ich einkaufen möchte, packe meinen kleinen blauen Rucksack und düse los.
Wovon ich jedoch jedes mal wieder überrascht werde, ist die Fülle an Reizen und Triggern, die im Supermarkt auf mich einströmen und alles durcheinander bringen.
Spätestens dann wird mir wieder bewusst, dass ich durch die pDIS eine besondere Herausforderung mit mir trage, die sich gerade munter am Schokoladenregal bedient und unsere Pläne Gemüse zu kaufen lieb lächelnd ignoriert.
Es fühlt sich plötzlich an als wäre ich mit einer Großfamilie unterwegs und müsste alle gleichzeitig beaufsichtigen – nein, wir brauchen weder Marshmallows noch ein halbes Rind und die Großpackung Nougataufstrich ist auch keine gute Idee.
Ich weiß nicht wie das von außen aussieht, aber ich stehe dann manchmal wie erstarrt vor einem Regal und kann mich irgendwie nicht zu einer Handlung bewegen (stelle mir gerade vor wie man das Außenstehenden erklärt „Neinnein, ich bin nicht eingefroren, die Innenkinder streiten sich nur gerade mal wieder“…“Achso, ja ich hasse das auch immer, wenn das passiert…“).
Meistens gewinnt dann eine Seite und der Einkaufswagen wird entweder mit Süßkram vollgeladen oder mit Gemüse und veganem Fleischersatz, den ich absolut nicht vertrage.
Ich bewundere Menschen, die einfach planlos in den Supermarkt losziehen, in Ruhe ihre Sachen zusammensuchen und entspannt den Laden verlassen.
Ich muss auch in diesem Bereich in Zukunft mehr planen und Regeln aufstellen, die alle verstehen und dann hoffentlich befolgen.
Es gibt jetzt eine feste Einkaufsliste, die vorher von allen „abgesegnet“ wurde und an die sich alle halten müssen.
Das erfordert hartes Verhandlungsgeschick und einige Zugeständnisse (ok, jeder darf sich EINE Süßigkeit aufschreiben….nein, ein 10er Pack Milchschnitte gilt nicht als EINS), aber es funktioniert halbwegs.
Allerdings werde ich in letzter Zeit sehr vehement von einem Anteil darauf hingewiesen, dass ich im Prinzip für den Untergang der Menschheit verantwortlich bin, weil ich nicht konsequent ihrem strikt vegangen Ernährungsprinzip folge.
Irgendwas ist immer….seufz.
hallo, liebe sarah!
ui, das scheint ja wirklich ein kleinerer aufstand zu sein, wenn du einkaufen gehst!
ist dir denn immer direkt klar, daß dich andere persönlichkeitsanteile beeinflussen, wenn du den faden verlierst?
hörst du dann gesprochene worte in deinem inneren? oder sind das eher vage gefühle? oder gedanken, die irgendwie bei dir ankommen?
jedenfalls hast du jetzt einen plan, wie du sowas in zukunft verhindern möchtest!
dafür viel erfolg! ich fände es sehr spannend, zu hören, ob es so klappt.
der vegane anteil, der dir vorwirft, daß du für den weltuntergang mitverantwortlich bist, hört sich nach einem teenager an, stimmt das?
weil du innenkinder sagst, wie so viele.
das ist dann aber vermutlich nicht im sinne eines jugendlichen oder erwachsenen persönlichkeitsanteils, schon gar nicht, wenn jmd. sich als beschützer empfindet.
gestern habe ich den neuesten videobeitrag der ctad clinic gesehen und dort wird nochmal sehr betont, daß es so wichtig ist, die anderen persönlichkeitsanteile zu fragen, was sie gerne möchten und ggf. zu erklären, warum das so leider nicht angemessen ist, dafür aber kompromisse einzugehen, wo es niemandem weh tut. das fand ich super, aber es sieht so aus, als würdest du genau das tun, wenn ihr vorher alles besprecht, was gekauft werden soll.
wenn ich einkaufen gehe, habe ich meist mit einfacher reizüberflutung zu kämpfen und größeren konzentrations- und wahrnehmungsproblemen.
ich bewundere dich, wie du dein inneres durcheinander stemmst!
liebe grüße!
Hi biene,
da du auch das mit der Reizüberflutung erwähnt hast – es gibt scheinbar in England Supermärkte, die zu einer bestimmten Zeit „reizarmes“ Einkaufen für Autisten etc. anbieten.
Da wird dann das Licht etwas gedimmt, die Musik ausgeschaltet usw. Das wäre echt schön, wenn es sowas hierzulande auch gäbe.
Meistens finde ich es im Bioladen noch angenehmer, aber das muss man sich halt auch irgendwie leisten können.
Zu deiner Frage wie ich das mit den Anteilen erlebe, kann ich leider gar nicht so viel sagen, ich finde das schwer in Worte zu fassen.
Wenn dich das bei DIS generell interessiert, möchte ich dich auf den youtube-Kanal von Dis.Ding oder DisObey verweisen – die zeigen das sehr schön.
LG Sarah
danke!
ja, das mit dem ausistisch-freundlichen läden klingt sehr verlockend!
leider kann ich aus kanälen wie ganz besonders dis ding zwar sehr viel information ziehen und finde sie einfach nur superwichtig und hilfreich allgemein,
aaaaaber sie sagen wenig bis gar nichts über die unterschiede bzgl. der p dis.
das können sie als dokukmentation über eigenes erleben ja auch gar nicht, da die macherinnen ja eine vollständige dis haben.
ich kenne den leider nur noch ruhenden kanal von the rings system, der berichtet zum thema osdd, was ungefähr der p dis entspricht (dsm5).
dort klingt es aber auch so, als seien die einzelnen personen sehr ausdifferenziert und recht klar zu unterscheiden, auch für die anp.
das ist aber bei einer p dis ganz oft nicht der fall.
und sehr unterschiedlich.
öfter scheint es vorzukommen, daß betroffene im kontinuum der traumafolgestörungen irgendwo zwischen k ptbs und p dis angesiedelt sind.
so ist es nach meinem empfinden bei mir.
trotzdem hatte ich ein paar situationen unter hochstreß, wo persönlichkeitsanteile ganz übernommen haben und ich amnesien hatte, wenn auch nur minutenlang.
oder teildissoziativ jmd. zwar die kontrolle innehatte, ich es aber von innen mitverfolgen konnte, was passiert.
sonst erlebe ich eher cobewußtseinszustände oder blending und innere beeinflussung, was aber nicht so klar zu benennen ist und einen ständig zweifeln läßt an der eigenen wahrnehmung.
darum frage ich, aber natürlich bitte erzähl nur das von dir, was du auch erzählen möchtest!
und ja, genau, das ist alles sehr schwer in worte zu fassen!
für mich allerdings dann erst recht ein ansporn, es zu versuchen ;O) …
liebe grüße!
Hallo biene,
puh, ja – das ist schwer zu beantworten, aber ich kenne das mit den Zweifeln und der Suche nach Antworten auch gut.
Rein diagnostisch ist der Hauptunterschied zwischen pDIS und DIS glaube ich schon die Frage, ob man Amnesien hat oder nicht.
Ich selber habe keine Amnesien und kann mich immer an alles erinnern, allerdings habe ich tatsächlich sehr ausdiffernzierte Persönlichkeitsanteile (bis hin zu verschiedenen Sehstärken, was ich bis heute echt erstaunlich finde).
Ich würde nicht sagen, dass ich Gedanken oder Stimmen höre – es ist eher so als ob sich mein „Mind-Set“ auswechselt, also meine Motivation etwas zu tun, mein Empfinden der Umwelt und meine Bedürfnisse.
Ist aber wirklich nicht so einfach da als Betroffener durchzublicken, deshalb bin ich froh, dass ich nach einigen Fehlgriffen eine sehr gute Therapeutin gefunden habe, die mir die Diagnose nach ausführlicher Diagnostik gestellt hat.
Ich weiß nicht, ob du so jemanden an deiner Seite hast – ansonsten kann ich die youtube-Videos von Jan Gysi zum Thema pDIS/DIS sehr empfehlen.
Da ich auch öfter Mails von Betroffenen bekomme, die sich darüber austauschen wollen, denke ich, dass wohl grundsätzlich ein großer Bedarf nach Austausch bzw. Selbsthilfe da wäre.
Ich weiß nur nicht wie so etwas aussehen könnte – ich selber würde es mir nicht zutrauen eine Online-Selbsthilfegruppe zu leiten, aber vielleicht gründet ja mal jemand anders eine.
LG Sarah
p.s.: was stimmenhören bei mir am alllernächsten kommt ist gedankenhören, ohne wirklich was zu hören, aber ich empfinde es irgendwie doch ganz klar als etwas hörbares und als nicht meine gedanken!
das kommt aber sehr selten vor und dafür brauche ich auch mehr streß als sowieso schon dauerhaft vorhanden.
hej, liebe sarah!
ach, wie toll, das ist ja supergut erklärt und hilft mir eine menge weiter!
vielen dank für deine offenheit!
ja, jan gysi ist einfach eine sehr gute, sehr genaue und sehr übersichtliche quelle, ganz besonders auch sein diagnostikhandbuch auf icd11-stand.
ich hab es sicher schon 100mal gelesen.
dort erklärt er aber auch, daß schon bei menschen mit p dis ganz vereinzelt amnesien vorkommen können, dort dann aber die ausnahme sind.
aber wie ich schon erwähnte, sind auch mit dem icd 11 noch lange nicht alle fragen beantwortet, wenn es auch schon eine verbesserung gegenüber dem icd 10 darstellt.
ich meine die unterschiede zum dsm5, wo es andere untergruppen gibt, deren besonderheiten nicht alle im icd 11 auftauchen und die tatsache, daß man immer noch die diagnose k ptbs dazustellen muß, weil die symptome in den kriterien für die dis und p dis nicht enthalten sind.
nein, meine verhaltenstherapeutische arbeitende therapeutin kennt sich ganz klar sehr wenig aus mit traumafolgestörungen, sie hat mir schließlich die diagnose dpdr gestellt (depersonalisations-derealisations-syndrom).
ich finde auch, daß die symptomatik (als teil der k ptbs und p dis) mir am allermeisten zusetzt, wie gesagt meine ich, eine sehr sehr milde form der p dis zu haben und auch nicht sehr darunter zu leiden, allerdings leide ich unter den folgen der k ptbs.
trotz einspruch lehnte sie aber bislang diese diagnose für mich ab.
nun muß ich zu ihrer ehrenrettung sagen, daß ich wirklich sehr viele ressourcen mein eigen nenne, vielleicht hat sie also recht, daß ich darum eigentlich wenig krankheitswert im vergleich zu anderen habe.
sie hat glaube ich den eindruck, daß ich mich durch meine fixierung auf diagnosen und symptome unnötig schwäche, dabei geht es mir um genauigkeit und die anerkennung meiner leistung, die ich tag für tag erbringe, um mein leben zu meistern.
ohne mir leid zu tun, ganz nebenbei.
kann also auch eine wirklich gute absicht dahinterstecken :O) .
andererseits habe ich für mich geklärt, daß ich derzeit wirklich nicht an einer traumaaufarbeitung interessiert bin.
was ich dennoch versuche, ist, mein streß- und kräftemanagemenr zu verbessern und an körperlichen symptomen zu arbeiten.
dabei hilft mir eine tolle osteopathin.
ja, die sache mit der selbsthilfegruppe wäre super.
wobei ich nicht so genau weiß, ob es da nicht schon interessante foren gibt, in denen man sich austauschen kann.
wo auch die p dis ausführlich gewürdigt wird.
wielleicht könnte ja mal jmd. dazu einen link in die kommentare schreiben, die/der sich da auskennt?
das wäre toll!
viele liebe herliche grüße!